Schulchronik
Von der Sonntagsschule zur qualifizierten Berufsausbildung
1559 | Zu den Vorläufern des kaufmännischen Schulwesens in Stuttgart gehört die Sonntagsschule. Als Fortbildungsschule für die Schulentlassenen ist sie schon 1559 in der Großen Kirchenordnung von Herzog Christoph vorgesehen |
1695 | Der Unterricht im Katechismus und Gesang wird durch eine Verordnung ergänzt und die Unterweisung im Rechnen und Aufsatzschreiben eingeführt. |
1739 | Die Pflichtsonntagsschule wird eingeführt, dem Ortspfarrer obliegt die Aufsicht. |
1779 | In Stuttgart wird zur Ausbildung von leitenden Persönlichkeiten in Gewerbe und Handel die Handelsabteilung der Hohen Karlsschule geschaffen. |
1825 | Ein Erlass begründet die Sonntags-Gewerbeschulen, die – bis in den Nachmittag hinein – zum ersten Mal berufspraktische Unterrichtsstunden vorsehen. |
1853/ 1854 | Die planmäßige Erweiterung der Sonntagsgewerbeschule zur gewerblichen Fortbildungsschule, die auch Unterricht in den werktägigen frühen Morgen- und späten Abendstunden umfasst, ist Ferdinand von Steinbeis zu verdanken. Auf seine Anregung wird 1853 die »Kommission für die gewerblichen Fortbildungsschulen« eingerichtet und u.a. am 9. Januar 1854 eine selbständige kaufmännische Fortbildungsschule in Stuttgart gegründet. Der Besuch dieser Schule ist freiwillig und gilt nur für junge Männer. Es unterrichten nebenberufliche Lehrkräfte anderer Schulen und Fachleute aus Gewerbe, Handwerk und Handel. Die KS1 geht, wie alle kaufmännischen Schulen in Stuttgart, auf die Fortbildungsschule zurück. |
1901 | In Cannstatt wird eine kaufmännische Fortbildungsschule eingerichtet und die Schulpflicht für männliche Lehrlinge eingeführt. |
Geschichte der Kaufmännischen Schule 1
1903 |
Für eine private Handelsschule wird an der neu angelegten Knospstraße das gleichnamige Schulgebäude gebaut. Der Name geht auf den Farbenfabrikanten Rudolf Knosp (1820-1897) zurück, der sein »Fabrikationsgeschäft« 1846 von Cannstatt auf das Areal zwischen der heutigen Knospstraße und der Senefelderstraße (linke Seite) verlegt hatte. Weil diese Worte (rechts) noch heute gelten, wird der Turm später, im neuen Jahrtausend, zum Logo der KS1 Anlässlich der Einweihung des Schulgebäudes findet ein Festredner folgende Worte: |
1905 | Am 1. Mai 1905 wird die Städtische Handelsschule in der Kanzleistraße eröffnet. Diese Schule bildet den Grundstein der KS1 – sie wird 1930 (s.u.) in einige der noch heute genutzten Gebäude verlegt. Der Unterricht findet an zwei Halbtagen der Woche in je vier Stunden statt und umfasst im Wesentlichen das allgemeine kaufmännische Wissen. |
1906 | Ein Gesetz zum Schulbesuch von Lehrlingen bringt drei Neuerungen: Pflichtunterricht für die männliche Jugend an der Tagesschule mit mindestens 280 Stunden im Jahr; Verpflichtung der Gemeinden, Gewerbe- und Handelsschulen zu errichten und zu unterhalten; hauptamtliche Gewerbe- und Handelslehrer |
1921 | Die Schulpflicht wird, zwei Jahre nach der Einführung des Frauenwahlrechts, auf die in kaufmännischen Betrieben beschäftigten Mädchen unter 18 Jahren ausgedehnt. |
1924 | Die Schule in der Kanzleistraße wird nach Geschlechtern geteilt. Doch sie wird zu eng, immer mehr Räumlichkeiten fehlen. |
1929 |
Der Neubau der Schule auf dem ehemaligen Gelände der Farbenfabrik Siegle an der Ecke Rotebühl- und Hasenbergstraße wird fertig gestellt, die in verschiedenen Häusern unter-gebrachten Zweige der Mädchenhandelsschule werden hier vereinigt (heute: WG West). 1848 hatte Heinrich Siegle seine Münchener Farbenfabrik hierhin verlegt, später fusionierten die beiden Farbenfabriken Siegle und Knosp mit der 1865 gegründeten »Badischen Anilin und Soda-Fabrik« (BASF). |
1930 | Der an der Hasenbergstraße gelegene Bauteil wird bezugsfertig. In dem Flügel, der mit der – inzwischen von der Stadt übernommenen – Knospschule verbunden wird, ist die Knabenhandelsschule untergebracht. Die Kaufmännische Berufsschule für Jungen, wie sie ab 1934 heißt, verfügt über rund 120 Schreibmaschinen, die aber während des Krieges verloren gehen werden. |
1933 - 1945 | Die in allen Bereichen durchgeführte Gleichschaltung durch die nationalsozialistische Diktatur wirkt sich auch auf die Schulen aus: Sie werden straffer geführt und nach dem »Führerprinzip« ausgerichtet. Ab sofort haben sich alle Kollegen zu duzen. Morgens muss abwechselnd jeder Lehrer ein Losungswort interpretieren, um sich und die Kollegen ideologisch sattelfest zu machen. Die Waffen-SS legt allen Lehrern den Eintritt in die nationalsozialistische Partei nahe, ansonsten droht die Entlassung aus dem Schuldienst. Ein Lehrer widersetzt sich und muss den Dienst quittieren. Die Lehrer sind verpflichtet, die Schüler im Geiste der nationalsozialistischen Ideologie zu erziehen. Seit Kriegsbeginn wird jeden Morgen an der Schule die Flagge gehisst. Viele Schüler und Lehrer müssen einen Teil ihrer Ferien in einem Wehrertüchtigungslager verbringen, um »geschliffen« zu werden. In der Nacht vom 24. auf den 25. Juli 1944 wird die Schule durch einen Bombenangriff teilweise zerstört; der an der Hasenbergstraße gelegene Bauteil der »Kaufmännischen Schule für Jungen« wird dabei am schwersten getroffen, die Klassen müssen evakuiert werden. Der Unterricht, der zunächst behelfsmäßig in den Räumen anderer Schulen weitergeführt wird, kommt nach Kriegsende ganz zum Erliegen und kann erst im November 1945 unter sehr beengten Verhältnissen aufgenommen werden. |
1947/48 | Unsere Schule wird wieder aufgebaut, der Unterricht kann ab dem Jahr 1948 weitergehen. In den Nachkriegsjahren bleibt die Aufteilung nach Geschlechtern in den kaufmännischen Schulen zunächst bestehen. |
1951-1959 | Ein Zweig der Höheren Handelsschule wird 1951 zur Kaufmännischen Berufsschule für Mädchen. Mittlerweile gibt es nebeneinander die Kaufmännische Berufsschule für Jungen und Mädchen, bis 1959 auch das spätere Wirtschaftsgymnasium Ost in den Gebäuden Hasenbergstraße 26, 22 und Knospstraße 8.
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1964 | 1964 führt das Oberschulamt mit Zustimmung der Stadt Stuttgart eine Neugliederung der Schulen nach Wirtschaftszweigen durch. Die Spezialisierung in Fachklassen hatte schon vorher das Prinzip der Geschlechtertrennung in Frage gestellt. Neben den Sammelklassen sind inzwischen Fachklassen für Lehrlinge aus Kreditinstituten, Versicherungen, Speditions- und später Reisebürounternehmen entstanden. Aus der Kaufmännischen Berufsschule für Jungen wird die Kaufmännische Berufsschule I. Die Nachbarschule wird zur Kaufmännischen Berufsschule II und zieht 1981 in ein neues Gebäude im Schulzentrum Heilbronner Straße um (heute: Werner-Siemens-Schule; Kaufmännische Berufsschule Nord). Im selben Jahr wird eine Berufsaufbauschule eingerichtet. So entsteht an der KB I neben der Teilzeit-Berufsschule ein Vollzeitbereich mit Einrichtungen des Zweiten Bildungsweges. Während Oberstudiendirektor Fritz Eisele die Schule leitet, wird die KB I zur Ausbildungsschule. Viele Referendare aus allen Teilen des Landes bekommen während ihrer Stuttgarter Seminarausbildung in der Hasenbergstraße den notwendigen Kontakt zur Unterrichtspraxis. |
1969 | Für Lehrlinge wird der Begriff »Auszubildende« eingeführt. |
1970 | Ab 1970 führt die Fachschule für Betriebswirtschaft zum »Staatlich geprüften Betriebswirt« und zur Fachhochschulreife. 1986 wird diese Fachschule im Zuge einer weiteren Neustrukturierung an die Kaufmännische Schule Nord abgegeben. |
1976 | Bis 1976 sind an unserer Schule auch die Fachklassen für Auszubildende der Drogerien (s. Foto oben), des pharmazeutischen Großhandels, der Verlage und der Buchhandlungen beheimatet. |
1980 | Auf Initiative von Schulleiter und OStD Harry Müller wird mit der Wirtschaftsoberschule ein in Baden-Württemberg einmaliger Weg zum Abitur für junge Kaufleute an unserer Schule eingerichtet. In nur zwei Jahren erwerben sie nach abgeschlossener Berufsausbildung durch die Allgemeine Hochschulreife die Berechtigung zum Studium aller Studiengänge an allen Hochschulen der Bundesrepublik Deutschland. |
1981 | Das Telekolleg rundet diese Weiterbildungsmöglichkeit ab, sodass es nun angemessen ist, den umfassenden Schulnamen Kaufmännische Schule I zu verwenden. Später, Ende der 90er Jahre wird das Telekolleg eingestellt. |
1985/86 |
Unsere Schule ist inzwischen so groß, dass sie auf sechs Außenstellen zurückgreifen muss, was zu erheblichen zeitlichen Belastungen führt. Schulleiter Harry Müller erreicht nach langen Verhandlungen, dass das über 100 Jahre alte Kontorgebäude der Firma BASF und Siegle & Co abgerissen wird, um einem Neubau mit weiteren Schulräumen Platz zu machen. |
1988 |
Das neue Schulgebäude an der Ecke Hasenbergstraße/Augustenstraße wird Anfang Februar fertig und in einem großen Festakt mit einem Tag der offenen Tür seiner Bestimmung übergeben. Es besteht aus Klinkern und roten Fassadenelementen und verfügt mit 3200 m2 Fläche auf vier Geschossen über 30 Klassenräume für den allgemeinen Unterricht. Der Neubau ergänzt mit einer Bibliothek, einem Konferenz- und einem Schüleraufenthaltsraum die aus den 30er Jahren stammende weitläufige Schulanlage.
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2001 | Zwei neue Ausbildungsberufe entstehen und finden Aufnahme in unserer Schule: Sport- und Fitnesskaufleute sowie Gesundheitskaufleute, die ab jetzt bei uns unterrichtet werden – neben Kaufleuten in den Bereichen Bank, Versicherung, Öffentliche Verwaltung und Sozialversicherung, Reiseverkehr, Spedition, Kurier-/Express-/Postdienstleistungen. |
2003 | Provisorisch erhält die Schule zusätzliche Räume neben der Grundschule Ecke Schwab-/Bebelstraße. Im Schuljahr 2003/04 wird auf Betreiben des Schulleiters in unmittelbarer Umgebung der Schule, und zwar in der Reuchlinstraße, von der Stadt ein Gebäude zum Schulgebäude ausgebaut. Heute sind dort die Bankabteilung (Bankkauffrau/-Kaufmann, Finanzassistent/-in) und die Öffentliche Sozialversicherung untergebracht. |
2005 | Im Gebäude in der Hasenbergstraße wird der große Versammlungsraum U30 durch die Stadt dank der Intervention des Schulleiters modernisiert. Aus diesem Grund wird bei dessen Verabschiedung am 21. Juli 2005 dieser Raum in »Dieter-Rühle-Saal« umbenannt. Neuer Schulleiter wird Franz A. Scheuermann. |
2006 |
Im Zuge der Qualitätsentwicklung an der Schule wird auf Betreiben des Schulleitungsteams die römische Ziffer I im Schulnamen durch die lateinische Zahl 1 ersetzt, um zu dokumentieren, dass die KS1 auch nach Alter, Rangordnung und Qualität die erste kaufmännische Schule in Stuttgart ist. Beginn der Leitbildentwicklung. |
2008 | Im Sommer wird aufgrund von Brandschutzmaßnahmen mit einem Teil der Innenrenovierung der Schule begonnen. Zum Ende des Schuljahres 2007/2008 geht Studiendirektor Jürgen Schaffner nach 20-jähriger Tätigkeit als stellvertretender Schulleiter in den wohlverdienten Ruhestand. Sein Nachfolger wird Uwe Peleikis. Es erfolgt der Abschluss der Qualitätsleitziele. |
2009 |
Im Sommer wird die Innenrenovierung fortgesetzt, in großen Teilen des Altbaus werden die Decken abgehängt, Wände und Decken weiß gestrichen. Im Zuge dieser Maßnahme bekommen alle Räume neu gestaltete Türschilder. Ende September wird in den Räumen der ehemaligen Hausmeisterwohnung ein Schülercafé eröffnet, nachdem die Schulleitung und einige Kollegen beim Ausbau der Räume selbst Hand angelegt hatten. Ein Teil der Einnahmen wird der Kinderklinik Olgäle gespendet. Im Schülercafé steht außerdem ein Kaffeeautomat, dessen Reinerlös ohne Abzüge zur Unterstützung krebskranker Kinder direkt ans Olgäle geht. Dies gilt auch für den Kaffeeautomaten, der sich im 2. Stock der Außenstelle Reuchlinstraße im Schüleraufenthaltsraum befindet. |
2010 | Trotz Wirtschaftskrise hat die Schule die Gesamtschülerzahl des vergangenen Schuljahres (3200 Schülerinnen und Schüler) wieder erreicht. Erstmalig wurde eine sechste Eingangsklasse in der Wirtschaftsoberschule eingerichtet, die nun insgesamt aus 11 Klassen besteht. Ab dem kommenden Schuljahr bleibt es bei jeweils sechs Klassen pro Jahrgang. |
2011 | Meilenstein der Qualitätsentwicklung: Erstellung des OES-Handbuchs und Vorbereitung der Fremdevaluation. |
2012 | Im Rahmen des Qualitätsmanagements wird die Schule mit großem Erfolg vom Landesinstitut für Schulentwicklung evaluiert. |
2016 | Wegen rückläufiger Schülerzahlen, einem Raumüberhang von knapp zwei Schulen und einer aufgrund des sich wandelnden Arbeitsmarktes veränderte Nachfrage bündelt die Stadt Stuttgart neben einer räumlichen Neuordnung auch die Kompetenzen der Schulen und beginnt bei den sechs kaufmännischen Schulen: Ab dem Schuljahr 2016/17 sind es nur noch fünf, denn die Kaufmännische Schule Süd wird aufgelöst, ihre Ausbildungsgänge werden anderen Standorten zugeschlagen, größtenteils aber der KS1 zugeordnet. |